Tag 7 – Prozessbericht vom 15.07.2021

Der siebte Verhandlungstag begann kurz nach 13 Uhr in Saal B218 des Landgerichts Berlin. Geladen und erschienen war ein Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV).

Sein Arbeitsname lautet Maik Adelbrecht, 42 Jahre alt. Er gab an Beamter von Beruf mit Dienstort Köln zu sein. Sein Auftritt erfolgte mit Perücke und vermutlich falschem Bart. Eine dicke Sonnenbrille, um sich vor angeblichen Verfolgungen zu schützen, wie seine Kollegin am vergangenen Dienstag, schien er heute nicht zu brauchen. Dafür gab er sich Mühe dem Zuschauerraum nur seine Rückansicht zuzuwenden.

Der Richter befragt ihn nach seinen Wahrnehmungen, bezüglich des Behördenzeugnisses vom 16.04.2010 und den damit einhergehenden Observationen.

Der Zeuge antwortet daraufhin, er habe durch die Ladung von der Sache erfahren und keinerlei Erinnerungen ans damalige Geschehen, daher habe er sich erst einlesen müssen. Aber auch dadurch habe er sich an nichts erinnern können, lediglich der Name käme ihm etwas bekannt vor.

Der Zeuge bestätigte auf Nachfrage des Richters die schon in Tag 6 thematisierte Vorbesprechung von Mitarbeiten des BfV, zur Vorbereitung auf die Verhandlung. Zu dieser die damalige Zeugin nur teilweise Aussagen machen wollte und sich immer wieder auf ihre eingeschränkte Aussagegenehmigung berief. Das Gericht hatte am heutigen Tag nun eine aktualisierte und erweiterte Aussagegenehmigung des Bundesamtes für Verfassungsschutz vorliegen. Der Zeuge ergänzte, dass die Vorbesprechung am 12.07.21 Montag stattgefunden habe. Auf erneute Nachfrage schätzte er die Teilnehmerzahl auf 20 Personen.

Er berichtete des Weiteren, dass dieses interne Treffen des BfV „rein informativ“ gewesen sei und zur Abstimmung über ein Verhalten im anstehenden Prozess gedient habe. Zur Sache an sich sei dort nicht gesprochen worden. Er hätte sich aber außerhalb des Treffens mit einer Kollegin darüber ausgetauscht. Dieser Austausch wäre allgemein gewesen und beide hätten dabei festgestellt, dass sie sich an nichts mehr erinnern könnten. Auf die Frage nach der Identität der Kollegin, berief er sich erst wieder auf seine dafür fehlende Aussagegenehmigung. Die Verteidigung bestand aber auf eine Antwort und forderte den Richter auf den Zeugen den Sachverhalt telefonisch mit seinem Ansprechpartner in Köln klären zu lassen. Der Richter sah anfänglich aber eigentlich keinen Prüfbedarf bezüglich der Fragestellung. Er meinte dazu: „Wenn die Behörde (das BfV) das so entscheidet, müssen wir das so hinnehmen“. Wieder kam daraufhin seitens der Verteidigung die Frage auf, auf welche Weise ihre Frage das Wohl des Landes gefährden würde und sie zeigte sich verwundert, dass die Entscheidung, wie eine Befragung vor Gericht stattfindet, vom BfV entschieden würde und nicht vom Gericht selbst.

Die Verhandlung wurde daraufhin, durch den Richter zwecks telefonischer Rücksprache, durch den Zeugen, für fünf Minuten unterbrochen. Nach der Pause teilte der Zeuge mit, dass er sagen dürfe, dass die Kollegin, die Zeugin vom Dienstag (13.07.) gewesen sei. Auf die Frage ob Beruf und Alter der bisher vernommenen Zeugen vom BfV der Realität entsprächen oder auch Teil der Scheinidentität, wie z.B. der Name wären, meinte der Zeuge wieder er dürfe das nicht sagen. Die Verteidigung bat daraufhin das Gericht bis zum nächsten Zeugen zu klären, ob sich die Tarnidentität auch auf Alter und Beruf bezöge.
Die Verteidigung befragt den Zeugen dann weiter zum Inhalt der Vorbesprechung, ob es um die Rolle der Verteidigung bzw. um die Verteidiger in Person gegangen sei. Der Zeuge bejaht die Thematisierung der Verteidigung und dass sie sich als Zeugen mit möglichen Konfrontationsfragen der Verteidigung auseinandergesetzt hätten. Um die Verteidigung als Person, sei es dagegen nicht gegangen. Auf die Frage hin, ob weitere Mitarbeiter des BfV heute im Gerichtsgebäude wären oder ob der Zeuge allein gekommen sei, bezog er sich wieder auf seine eingeschränkte Aussagegenehmigung.

In einer darauf folgenden weiteren Diskussion um die Interpretation der Aussagegenehmigung meinte der Richter dann, dass diese so zu lesen wäre, dass nicht ausgesagt werden dürfe, außer zu den genannten Punkten.

Die Verteidigung berichtet, dass vor dem Termin ein Unbekannter auf einen der Verfahrensbeteiligten zugekommen wäre, dieser Unbekannte hätte sich als Mitarbeiter des BfV entpuppt. So schiene es, dass die Zeugen des BfV präpariert seien und bis zu ihrer jeweiligen Aussage im Gericht geschult würden.

Die Staatsanwaltschaft, die heute nicht in Person von Zündorf, sondern durch einen anderen Vertreter erschienen war, äußert ihr Verständnis für das Nicht-Aussagen des Zeugen. Daraufhin beendete die Verteidigung die Befragung und der Zeuge wurde entlassen.
Der Richter wies dann völlig zusammenhanglos Cem darauf hin, dass er auch im August wieder vor Gericht erscheinen müsse, da sonst Zwangsmittel eingesetzt werden könnten.
Bei den nächsten Terminen werden weitere Zeugen des BfV aussagen, es gibt für insgesamt zehn Mitarbeiter des BfV Aussagegenehmigungen. Danach sollen Zeugen des Bundeskriminalamtes (BKA) gehört werden, die bei den Razzien im Mai 2013 anwesend waren.

Der Termin am 17. August wird entfallen und die Verhandlungen für den heutigen Tag ist beendet.

Nächster Prozesstermin ist Donnerstag 5. August 2021 um 13:00 Uhr, Saal B218 Eingang über Portal B129 in der Wilsnacker Str. 4, 10559 Berlin-Moabit.