Tag 4 – Prozessbericht vom 01.07.2021

Die Sitzung am 1. Juli begann erst um 11:30 Uhr mit 2,5 stündiger Verspätung. Diese wurde mit der Abwesenheit einer Schöffin begründet. Zu Beginn stellte Verteidigung einen Antrag auf eine Erhöhung der zulässigen Zuhörerzahl. An diesem Prozesstag mussten zum ersten Mal potentielle Zuhörer_innen wieder nach Hause gehen wegen Überschreitung der zulässigen erlaubten Anzahl von 10 Personen. Die Anwälte begründeten ihren diesbezüglichen Antrag unter anderem mit der momentanen, stark gesunkenen Corona Inzidenzzahl. Der Staatsanwalt beantragte daraufhin die Zurückstellung der Entscheidung über diesen Antrag. Der Richter wies ihn dann nach 10 minütiger Pause mit Hinweis auf die aktuell gültigen Abstandsregelungen zurück. Er teilte jedoch mit das er sich nun bei seinen Kolleginnen bezüglich deren Umgangs mit dieser Frage erkundigen werde.
Danach begann die Zeugenvernehmung. Zuerst wurde der Polizist Kretschmar in den Zeugenstand gerufen. Thema ist das Geschehen am 27. April 2011 bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Er nahm damals eine Erstbesichtigung des Tatortes vor und rief die Feuerwehr an um die Löscharbeiten in die Wege zu leiten. Er gab an das dort wohl ein Getränkekasten mit Flaschen darin brannte. Eine Objektschutzangestellte setzte einen ersten Funkspruch ab über den dann die Polizei informiert wurde und entsprechend anfing zu handeln. Es habe wohl auch nach Kraftstoff gerochen am Tatort. Der Getränkekasten mit den nach seinen Angaben geschmolzenen Flaschen stand vor einer hölzernen Tür an der auch Brandspuren zu sehen waren und es gab auch Rußentwicklungen am angrenzenden Mauerwerk. Eine Fensterscheibe soll sichtbare Hitzesprünge gehabt haben. Eine Mitarbeiterin vom Objektschutz habe seinen Angaben nach zwei Personen auf einem Motorroller davon fahren sehen und dies später bei der Polizei zu Protokoll gegeben. Der Zeuge habe danach eine Strafanzeige geschrieben.
Es stellte sich heraus, dass auch dieser Zeuge im Anschluss an die Ladung zu diesem Termin Unterlagen zum Fall vom Gericht ausgehändigt bekam ohne welche er sich wohl kaum hätte selbstständig an diesen Sachverhalt erinnern können.
Zu einer weiteren Zeugenvernehmung war an diesem Tag ein Herr William geladen. Auch er ist Polizeibeamter und wurde am 27. April 2011 zur Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gerufen.
Herr William erhielt ebenfalls im Vorfeld der Verhandlung Berichte vom Gericht ausgehändigt, da ohne welche ihm keine Vorbereitung auf die Verhandlung möglich gewesen wäre.
Es existieren keinerlei Videoaufnahmen von der nahe gelegenen türkischen Botschaft vom besagten Tag. Der Zeuge William habe auch irgendwie ermittelt zu den Vorkommnissen vom 27. April 2011. Er habe alle Spuren gesichert und diese dann abgegeben. Er habe nicht weiter ermittelt in der Sache. Der Zeuge kann auch nichts zur Statur der Personen auf dem Motorroller sagen.
Nach einer Mittagspause werden die zwei letzten Zeugen vernommen. Der nächste Zeuge ist ein Polizeibeamter aus Magdeburg der damals die Observation vom 26. bis zum 27. April in Berlin leitete. Er verfügt nur über eine beschränkte Aussagegenehmigung seitens seines Vorgesetzten. Die Verteidigung versucht eine Antwort auf die Frage von ihm zu bekommen wie viele Observationskräfte eine beobachtete Person verfolgen. Es wurde ein Antrag auf eine Erweiterung der Aussagegenehmigung gestellt, welcher jedoch sowohl vom Staatsanwalt als auch vom Richter zurück gewiesen wird. Herr Ulrich hatte damals den Observationsbericht unterschrieben. Große Teile von diesem würden jedoch nicht von ihm stammen, sondern von den Kolleginnen, welche durch zusammentragen der Erkenntnisse diesen dann erstellt hätten. Herr Ulrich habe keine Wahrnehmungen vorgenommen im Observationszeitraum, sondern diese lediglich geleitet. Er könne sich nur noch an einen Vermerk im Bericht erinnern. In diesem geht geht es darum, dass die Zielperson am S-Bahhof Altglienicke Zettel zerrissen habe und diese dann in einen Mülleimer geworfen habe. Dies sei wohl so auffällig gewesen, da es sich um einen Stapel Papier dabei gehandelt habe. Der Observateur habe das Papier nach Abfahrt der Zielperson mit der S-Bahn dann aus dem Mülleimer heraus geholt und gesichert und abgegeben.
Als nächstes wird der Zeuge Zätsche vom Gericht befragt. Dieser hatte damals die eben beschriebene Beobachtung gemacht, während der Observation. Auch sein Dienstort ist Magdeburg. Dieser hatte damals die Beobachtung von der Fußgängerbrücke aus, welche es am S-Bahnhof Altglienicke gibt, vorgenommen. Er gibt an Cem wieder zu erkennen. Weiß jedoch nicht mehr wie er nach Altglienicke gekommen ist, von wo aus er die Verfolgung der Zielperson übernommen hatte bzw. wie er sich von Altglienicke aus weg bewegt hatte. Beiden Zeugen wurde im Vorfeld der Verhandlung, nach vorheriger telefonischer Rücksprache mit dem Richter, der Observationsbericht ausgehändigt.
Nach einer 10-minütigen Unterbrechung werden nochmal die Bildaufnahmen, welche vom Tatort am 27. April 2011 geschossen wurden, gezeigt und anschließend wird die Sitzung beendet.

Nächster Prozesstermin ist Donnerstag 08. Juli.2021 um 13:00 Uhr Saal B218 Eingang über Portal B129 in der Wilsnacker Str. 4, 10559 Berlin-Moabit.