Grußwort der Roten Hilfe zur Demo am 28.11.2021

Vor mehr als vier Monaten wurde hier, vor dem Landgericht Berlin, das Verfahren gegen unseren Genossen Cem eröffnet.
Der Prozess ist ein Musterbeispiel für die Verfolgung politisch aktiver Menschen in der BRD.

Das zeigt sich nicht nur an den absurden Sicherheitsvorkehrungen, die Zuschauer:innen durchlaufen müssen, um ihre Solidarität in Form von Prozessbegleitung auszudrücken.

Es zeigt sich auch an der Art, wie die Ermittlungen geführt wurden, die diesem Verfahren vorangingen. Mit besessenem Ermittlungseifer und fleißiger Zuarbeit durch den Verfassungsschutz hatten die Spezies vom BKA fast zehn Jahre lang versucht diversen Genoss*innen eine Verbindung zu den Revolutionären Aktionszellen nachzuweisen.
Möglich war das nur, dank dem Schnüffelparagraphen 129 Strafgesetzbuch, „Bildung einer kriminellen Vereinigung“.
Den Titel Schnüffelparagraph hat er nicht umsonst: Bei Ermittlungen nach Paragraph 129 und folgende geht es eigentlich nicht um Strafverfolgung. Vielmehr sollen Strukturen ausgespäht und Genoss:innen überwacht und die Befugnisse dafür möglichst weit gefasst sein.
Diese Angriffe der Repressionsorgane richten sich eindeutig gegen unsere Bewegung als Ganzes. Ermittelt wird aktuell in ganz unterschiedlichen Spektren: Von klassischer Antifaschistischer Handarbeit über antikapitalistische und antiimperialistische Gruppen, bis in die kurdische Bewegung, wo teilweise Bagatellen wie Spendensammlungen oder Vereinsmitgliedschaften für den Vorwurf der Unterstützung einer „ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach §129b reichen.

Oft wird diese Anklage zwecks mangelnder Beweise nach jahrelangen Ermittlungen eingestellt, um dann mit dünner Beweislage gegen Einzelne das Verfahren zu eröffnen.
Ich diesem Fall hat es Cem getroffen.

In Cems Verfahren findet sich der Vorwurf der „kriminellen Vereinigung“ nicht mal mehr in der Anklageschrift. Den Repressionsorganen kann das aber eigentlich egal sein. Der eigentliche Zweck solcher Verfahren ist längst erfüllt, nämlich das Gewinnen von Informationen, über unsere widerständigen Strukturen. Hier wird noch einmal deutlich, dass der Satz „Getroffen hat es eine:n, gemeint sind wir alle!“ nicht bloß eine leere Phrase ist.

Wir sollten uns weder jetzt, noch in Zukunft von solchen Ermittlungen einschüchtern lassen. Auf der Straße und vor Gericht müssen wir unser Bewusstsein darüber stärken, dass diese Klassenjustiz keine Gerechtigkeit schaffen kann.
Wir müssen unsere Solidarität nicht von strafrechtlichen Vorwürfen, oder gewählten Mitteln abhängig machen, sondern nach politischen Überlegungen ausrichten und unsere eigenen Ansprüche formulieren. Folgen wir diesen, dann kommen wir als Rote Hilfe zu der Überzeugung, dass gegenseitige Unterstützung, über die diversen linken Strömungen hinweg, unverzichtbar ist. Denn getroffen hat es diesmal Cem, aber gemeint sind wir alle.

Unsere Waffe dagegen ist und bleibt die Solidarität

Darum sagen wir:

Weg mit den Paragraphen 129, 129a und b!

Freiheit für Cem, Freiheit für alle!