Tag 14 – Prozessbericht vom 16.09.2021

Um 09:00 Uhr beginnt der 14. Verhandlungstag. Die Richterschaft, die Schöffen, der Staatsanwalt Herr Zündorf, die Verteidigung, unser Freund und Genosse Cem und 4 Prozessbegleiter*innen waren vor Ort. Zunächst wurde ein Sachverständiger Herr Dieter Härtlein Vorgeladen, er ist Spezialist für Kopiertechnik. Seine Aufgabe war es ein Bekennerschreiben mit Vergleichskopien zu untersuchen. Dabei wurden Merkmale festgestellt, zum Beispiel beim Schriftbild gab es zwei Punkte, die sich immer an der selben Stelle wiederholten. Mit diesen Merkmalen vergleicht Herr Härtlein dann auch das Beweisstück mit den Kopierern. Die Merkmal die sie gefunden haben sind nach seinen Worten „ungewöhnlich“ und möchte damit seine Einschätzung unterstreichen. Anschließend versammeln sich alle beteiligten vorne am Richterpult da der Zeuge seine Ausführung an den Kopien nochmal aufzeigen möchte. Der Zeuge fügt noch hinzu das jede Kopie Fehler reproduziert und das nie eine 100% korrekt kopiert werden kann und zum Beispiel Abstände sich verändern oder defekte erzeugen.

Es folgt 15 Minuten Pause.

9:40 Uhr geht es weiter, es wurden in der Zwischenzeit 6 Farbkopien von dem Beweisstück angefertigt und an alle verteilt. Der Zeuge wird gefragt wie wahrscheinlich es sei, dass das Beweisstück von dem genannten Drucker stammt. Er sagt, dass es mit einer hohen Wahrscheinlichkeit der benannte Drucker sei, aufgrund der „ungewöhnlichen“ Merkmale. Anschließend wird der Zeuge nach seinem beruflichen Werdegang befragt, er hat 1989 angefangen und hat somit über 30 Jahre Erfahrung in dem Gebiet. Der Staatsanwalt fragt erneut, da er etwas nicht verstanden hat, über die Trommel des Druckers. Nach längerem Erläutern und Wiederholungen des Zeugen, sagt der Staatsanwalt „ Ich dachte die Trommel dreht sich andersherum“.

Die Verteidigung fragt den Zeugen ob es sich hierbei um ein Farb- oder Schwarzweißkopierer handelt. Schwarzweiß sagt der Zeuge, da sonst Farbsprenkel sichtbar wären. Außerdem um welches Kopiergerät es sich handeln könnte? Es sei wohl ein Canon imageRUNNER 2530 Model, jedoch ist der Modeltyp nicht seine Aufgaben und auch nicht relevant für seine Arbeit. Das machen andere. Die Trommel ist Zentral für ihn, sie ist kein fester Bestandteil des Druckers sondern kann ausgebaut werden und muss gereinigt werden. Die Trommel ist nicht das Endgerät sondern ein Teil.

Es wird gefragt ob die Trommel eine andere gewesen sein kann als die für das Bekennerschreiben? Der Zeuge antwortet, er denkt nicht. Der Zeuge fügt hinzu, dass Copyshopbetreiber*innen selbst die Trommel reinigen und austauschen können. Es wird weiter gefragt ob es sich auch um einen Produktionsfehler handeln könnte, bei den gefundenen Merkmalen? Der Zeuge sagt, dass er sich das nicht vorstellen kann, dass hätte er noch nie erlebt, kann er es aber natürlich nicht vollständig ausschließen. Die nächste Frage seitens der Verteidigung wie viel Kopien der Zeuge im Jahr 2010 untersucht hat? Das weiß er nicht mehr. Dann wird gefragt ob es die einzigen Fehler waren oder es noch weitere gab? Es gab noch weiteres Gesprenkel. Wie unterscheidet man ein Merkmal von einem Defekt auf der Trommel wird als nächstes gefragt. Das Gesprenkel, sei immer an der selben Stelle, d.h zwei Punkte die sich immer wieder wiederholen. Fehler werden gesucht, um sie dann zu vergleichen. Defekte hingegen können übertragen werden von Kopie zu Kopie.

Die Verteidigung fragt ob damals die Speicher von den Druckern sichergestellt worden sind. Der Zeuge sagt, dass das normalerweise auf jedenfall gemacht wird, warum das damals nicht gemacht wurde weiß er nicht. Ob der Adressenaufkleber, die für die Versendung der Patronen verwendet worden sind, untersucht wurde? Dort wurden keine Merkmale gefunden sagt der Zeuge.

Der Zeuge wird entlassen und es folgt eine Pause.

11 Uhr geht es weiter, der zweite Zeuge wird vorgeladen. Herr Florian Knaup 38 Jahr alt Polizeibeamter BKA, er war bei der Hausdurchsuchung bei der damaligen Lebensgefährtin von Oliver Rast im Jahr 2013 beteiligt. Zunächst soll der Zeuge den Ablauf der Hausdurchsuchung erläutern, er sei als Unterstützungsmaßnahme anwesend gewesen und mit dem Fall nicht vertraut.
Es wurde geklingelt und die Tür geöffnet, laut Zeuge lief alles rechtmäßig ab. Es gab auch eine Untersuchungszeugin vor Ort. Er kann sich noch etwas daran erinnern die Wohnung sei 40qm² groß.
Es waren BKA-Beamte, Kollegen der Berliner Polizei und Diensthundeführer mit Hund anwesend. Es wurde nach Datenträgern, Schriftstücken, Sprengstoff, Waffen usw. gesucht. Was wurde gefunden? Zwei Datenträger, ein Laptop, Schriftstücke und Zettel. Ein Zettel wird mit dem Beamer gezeigt und vom Zeugen bestätigt, dass er diesen auf dem Schreibtisch gefunden und sichergestellt habe.
Die Verteidigung fragt den Zeugen wie das Gespräch mit der Lebensgefährtin ablief? Der Zeuge sagt das hauptsächlich der Leiter der Untersuchung Herr Millach das Gespräch geführt hat. Wie sich der Zeuge auf den heutigen Tag vorbereitet hat wurde noch von der Verteidigung gefragt, der Zeuge antwortet nur mit seiner Erinnerung, dem Druchsuchungsprotokol und dem Bericht sonst nichts. Er wurde gefragt ob er sich an andere Hausdurchsuchungen in jedem Jahr erinnern kann, er sagte nein, er kann sich an keine andere Hausdurchsuchung im Jahr 2013 erinnern. Warum er sich gerade an diese erinnern könnte, sei aufgrund der Kunst die ihm während der Hausdurchsuchung gezeigt worden ist. Auf die Frage wie viel Fenster das Wohnzimmer hatte antwortet der Zeuge, dass er es nicht mehr weiß und kein Bild vor Augen hat. Wo der Schreibtisch stand kann der Zeuge ebenfalls nicht beantworten. Auf die Frage ob die Wohnungsgröße im Bericht stand antwortet der Zeuge mit ja, jedoch habe er die Größe anhand seines Erinnerung eingeschätzt.
Der Richter fragt den Zeugen nach einer Skizze die er selbst angefertigt hat, dies wird vom Zeugen bestätigt. Anschließend werden Fotos und ein Video über den Beamer gezeigt. Die Qualität ist sehr schlecht, es lässt sich niemand identifizieren. Der Zeuge wird entlassen.

Als nächstes ließt die Verteidigung eine Erklärung vor. Da die Co-Ermittler*innen nicht feststellen konnten welche „Zelle“ welchen Anschlag geplant und durchgeführt hat, ebenso ob es Personen gab die außerhalb der „Zelle“ zur Fertigstellung des Bekennerschreibens beauftragt worden sind oder nicht. Das heißt, sie haben keine genauen Informationen über die Struktur, wie sie intern agiert, die Handlungsräume oder Mitglieder der RAZ. Auch die Erscheinungsdaten der radikal sind nicht ganz klar, hier bezieht sich das BKA auf Auskünfte von BfV und LKA Berlin.

Als nächstes wurde eine E-Mail vom 18.03.2011 der RAZ vorgelesen zur Patronenversendung von der Zelle Georg von Rauch. Den Text konnte nicht mitgeschrieben werden.

Danach wurde ein Fax der Rechtsabteilung von GMX vorgelesen, es handelte sich um eine Tabelle mit Bestandsdaten des E-Mail Accounts.

Als nächstes wird ein Brief von Vodafon an das BKA vorgelesen, dieses wollte Informationen über eine IP-Adresse, die Vodafon nicht geben konnte.

Dann wurde die Strafanzeige zum Brandanschlag am Jobcenter Wedding im Jahr 2009 verlesen. Und zuletzt noch den Tatrotbericht vom 08.01.2010.

Es folgt die Mittagspause bis 13 Uhr

Nach der Mittagspause geht es mit der dritten Zeugin weiter. Es handelt sich um eine Schriftsachverständigerin die ein Gutachten zu Schriftstücken erstellt hat. Sie sei während ihres Psychologie Studiums auf den forensischen Schriftuntersuchungsspezialisten gestoßen und hat dann ihre erste Stelle 1985 beim bayrischen Kriminalamt angefangen. 2008 hat sie zum BKA gewechselt und hat dort die Abteilung Handschriftenuntersuchung geleitet. Bei dem Gutachten, das sie erstellt hat, handelt es sich um einen Auftrag vom BKA, sie soll prüfen ob das fragliche Schriftmaterial ein oder mehrere Urheber aufweisen kann oder nicht. Es wird vom Richter nach der Qualität der Schriftstücke gefragt. Die Zeugin sagt, dass alle Schriftstücke bis auf eins, hinreichend auswertbar für eine Untersuchung waren, nur eins bei dem es sich um eine Kopie handelt, kann nicht miteinbezogen werden, da man bei einer Kopie Manipulationen nicht ausschließen kann. Die Zeugin erläutert ihre Arbeit, es wird davon ausgegangen das alle Original Handschriftstücke auswertbar sind. Die Gesamtheit gibt das charakteristische Bild bzw. Muster der Schrift wieder. Dazu sagt sie, dass es keine Handschrift zweimal auf der Welt gibt. Jeder Mensch entwickelt im Laufe seiner Schullaufbahn seine eigene Schrift mit bestimmten Merkmalen.
Sie arbeitet mit einer wissenschaftlichen Methode in der zwischen allgemeinen und speziellen Merkmalen einer Schrift untersucht wird. Unter allgemeine Merkmale kann man sich die Schriftgröße, Schriftbreite Längenteilung vorstellen. Unter speziellen Merkmalen fallen einzelne Buchstaben, die Verbundenheit der Buchstaben oder die Bewegungsrichtung und Bewegungsabläufe.
Die Schlussaussage der Zeugin ist, dass das Gutachten eine subjektive Wahrnehmung der Untersuchenden Person ist, diese geht davon aus, dass mit einer hohen Wahrscheinlichkeit die Schriftstücke aus einer Hand stammen. Es gibt nach der Untersuchung der Schriftstücke keine Merkmale, dass es sich um mehrere Handschriften handeln könnte. Die Zeugin hat noch exemplarisch eine Tabelle mit Buchstaben mitgebracht und an alle beteiligten verteilt um ihre Schlussfolgerung zu untermauern.

Die Verteidigung unterbricht die Ausführungen der Zeugin und sagt, dass es zu viel Informationen seien und ohne vorher das Gutachten gelesen zu haben, sei der gesamte Sachverhalt sehr schwer zu verstehen und nachzuvollziehen. Es wird gebeten eine umfassenderen Befund/ Gutachten zu erstellen. Der dann zuvor an alle zugestellt werden soll. Es wird nach einem neuen Termin für die Zeugin gesucht und auf die Frage des Richters wie viel Zeit sie für die Ausarbeitung des Gutachtens benötige, konnte sie nicht antworten. Lediglich auf eine andere Arbeitskollegin hinweisen, ihre Nummer sollte übermittelt werden, die Zeugin begann die Nummer laut vorzusagen, worauf hin der Staatsanwalt sie unterbrach und sie darauf hinwies, dass sie bitte die Nummer auf einem Papier aufschreiben soll, da das Publikum ja auch die Nummer mitschreiben könnten. Die Zeugin durfte daraufhin gehen und der 14. Prozesstag ging zu ende.

Nächster Prozesstermin ist Dienstag 21. September 2021 um 10:00 Uhr, Saal B218 Eingang über Portal B129 in der Wilsnacker Str. 4, 10559 Berlin-Moabit.