Tag 10 – Prozessbericht vom 12.08.2021

Der zehnte Verhandlungstag begann um 9:45 Uhr im Saal B218 des Landgerichts Berlin. Staatsanwalt Zündorf ist wieder an seinem Platz.

Mit einiger Zeit Verspätung wurde die Sitzung des hiesigen Tages eröffnet. Die zwei geplanten Zeugen vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) sind nicht erschienen. Der Richter teilt mit in der Zwischenzeit ein Telefonat mit dem BfV in Köln geführt zu haben, um sich nach den Zeugen zu erkundigen. Das BfV hätte ihm mitgeteilt, dass keine Ladung für die besagten Zeugen eingegangen wäre und diese auch nicht mehr am heutigen Tag erscheinen würden.

Der Richter merkt an, dass in der vom Gericht versendeten Ladung mehrere Zeugen geladen wurden, von denen bereits welche vor Gericht erschienen sind.

Da die geplante Zeugenvernehmung ausfällt, schlägt der Richter vor zwei Schriftstücke zu verlesen, mit dem Einverständnis der Prozessbeteiligten. Die Verteidigung kritisierte in den vergangen Sitzungen das nicht angekündigte Verlesen von Dokumenten, worauf diese sich folglich nicht vorbereiten könnten. Deshalb erklärt der Richter, dies ab jetzt immer anzukündigen.

Es werden zwei Zettel verlesen., welche ein Bulle, im Rahmen einer Observation unseres Genossen, aus einem Mülleimer gefischt hatte, weil er angeblich gesehen hätte, wie dieser etwas in den Mülleimer geworfen hätte. Der erste ist ein handschriftlich geschriebener Zettel, auf dem eine Notiz mit einer Adresse geschrieben steht. Der zweite ein ursprünglich zerrissener und von den Behörden wieder zusammengeklebter Zettel, auf dem eine Reihe von Redaktions-, Zeitungs- und Emailadressen abgedruckt sind, sowie eine handschriftliche Notiz mit einer Art ToDo-Liste.

Am Dienstag zuvor hatte das Gericht eine Liste für das Selbstleseverfahren ausgeteilt. Da diese wohl sehr umfangreich sei, konnte die Verteidigung in der kurzen Zeit von Dienstag zu Donnerstag, sich dazu noch nicht vorbereiten und Stellung nehmen. Dies soll in der nächsten Sitzung geschehen.

Die Verteidigung thematisiert das am vorhergehenden Sitzungstag abgespielte Telefonat (abgehört am 09.06.2010) und bringt ein, dass eine andere Interpretation möglich sei. Um dies zu untermauern soll ein weiteres Telefon verlesen werden, welches zwei Tage zuvor am 07.06.2010 von Cem geführt wurde.

Das Kurz-Wortprotokoll vom BKA aus der TKÜ des Telefonats vom 07.06.2010 wird verlesen. In diesem fällt das Wort „Info“ im Zusammenhang mit der Erstellung einer Zeitschrift.

Die Verteidigung ergänzt, dass auch die Polizei dies damals nicht als verfahrensrelevant eingestuft hätte, da es sich offensichtlich um das „Gefangenen Info“ handeln würde und nicht um die Zeitschrift „radikal“, ebenso wie im Telefonat vom 09.06.2010.

Damit endet der zehnte Prozesstag schon am Vormittag.

Nächster Prozesstermin ist Donnerstag 19. August 2021 um 11:00 Uhr, Saal B218 Eingang über Portal B129 in der Wilsnacker Str. 4, 10559 Berlin-Moabit.